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Idiotentest: Darum weisen wir auf Tippfehler hin

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Wir lieben sie alle, die Menschen die pingelig neben einem sitzen oder im digitalen Gegenüber und mit einem metaphorischen Fingerzeig darauf hinweisen, was wir nicht alles falsch geschrieben haben. Gerade im Zeitalter des Internets scheint dieses Phänomen überhand zu nehmen, woran nicht zuletzt die Medien sowie namenhafte Radiosender schuld sind, die in den sozialen Medien auf die Suche nach eben solchen “lächerlichen” Posts gehen um dann beispielsweise den “Antenne Bayerns Vollpfosten des Tages” zu küren. Doch in was für einer Art Gesellschaft leben wir eigentlich, die Tippfehler oder kleinere Fauxpas mit dem Pranger abstraft?

Warum schreiben wir so schlecht?

Das geschriebene Wort hat auch in Zeiten der Digitalisierung nicht an Wert verloren. Zwar verlagerte sich der Schwerpunkt vom herkömmlichen Gedruckten hin zum getippten Allerlei im Internet was jedoch nicht heißt, dass die Rechtschreibung keine Rolle mehr spielen sollte. Während im Mittelalter noch keine einheitliche Schreibsprache und Nachschlagewerk existierte, das der geschriebenen deutschen Sprache zu Grunde lag, ist unsere heutige Gesellschaft geprägt und verwöhnt von korrekten Schreibweisen und perfektionierter Grammatik, nicht zuletzt dank dem vereinfachten Zugang zu Referenzwerken wie dem Duden und diverser germanistischer Lehr- und Studiengänge (hoch lebe der Schachtelsatz).

In der heutigen Zeit werden minütlich soviel Worte geschrieben und getippt, wie nie zuvor. Blogs, soziale Medien und Kurznachrichtendienste sorgen für die schnelle Verbreitung des Getippten. Jedoch hat das geschriebene längst nicht mehr die Haltbarkeit wie einst das eines Buches oder der gekauften Zeitschrift. So wird häufig eher wenig Wert auf die Rechtschreibung und Grammatik gelegt. Der Fokus des Schreibens liegt hier auf schneller Informationsverbreitung und weniger auf Korrektheit des Inhalts oder der Sprache. Für den Schreiber / Leser entscheiden nicht selten Sekunden über Erfolg und Versagen oder Aktualität des Posts. Die Rechtschreibung scheint also auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder auch diversen Blogs in den Hintergrund gerückt zu sein denn es ist die Botschaft die zählt und heutzutage immens wichtiger ist als die Buchstaben, die sie tragen.

Es wirke also fast, als verkomme die deutsche Sprache zu einem Mix aus Mundart und Halbwissen: falsch geschriebene Worte, inkorrekte Zeichensetzung oder verdrehte und ineinander verschachtelte Zeiten zeigen ein Bild der Verwahrlosung unseres geliebten deutschen Wortes. Es ist den Germanisten unter uns also nicht zu verübeln, das diese mit hochrotem Kopf aufschreien und verzweifelt versuchen auf jedes nur falsch geschriebene Wort oder Komma hinzuweisen.

Der Kleingeist hält Ordnung

Der Mangel an Deutschkenntnissen trägt nicht selten unserer Belustigung bei. Der Digitale Pranger hat bereits einen festen Platz in unserer Gesellschaft, der es nun leichter fällt als je zuvor Menschen für ihr Unwissen bloß zu stellen. Was früher in unserem Lieblingslokal die Menschen vom Nachbartisch waren, welche die Bedienung auf falschgeschriebene Gerichte auf der Speisekarte hinwiesen sind heute unsere virtuellen Freunde auf Netzwerken wie Facebook. Fast täglich mäkeln Sie an der Rechtschreibung ihrer Mitmenschen und versuchen diese zu belehren. Dies wirkt meist nicht nur extrem unsympathisch, sondern lässt laut einer Studie nun auch Rückschlüsse auf den Charakter der “Rechtschreib-Nazis” schließen.

Forscher an der Universität Michigan wollen nämlich herausgefunden haben, dass Menschen die ständig auf Rechtschreib- und Grammatikfehler hinweisen ‘Idioten sind – und zwar buchstäblich, nicht metaphorisch. Genauer führen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse im PLOS One – Magazin aus. So seien die Rechtschreib-Nörgler häufig weniger offen und beurteilen ihre Mitmenschen nach oberflächlichen Kriterien, wie z. B. deren Rechtschreibfehler.

Die Studie fand in Form eines Onlineformulars statt. Knapp 83 (unwissende) Probanden nahmen an dem Test teil und sollten auf eine Suchanzeige für einen Mitbewohner reagieren und den Verfasser beurteilen. Zudem wurden sie auch gezielt nach Fehlern im zu lesenden Text befragt. Anschließend mussten die Teilnehmer noch an einem Persönlichkeitstest teilnehmen, um die eigene Person und Art besser zu beleuchten.

So zeigten die Ergebnisse, das verschlossene Persönlichkeitstypen den vermeintlichen Mitbewohner und dessen Gesuch viel härter und negativer bewerteten als es beispielsweise extrovertierte Typen taten. Diese neigten durchaus dazu über die Fehler hinweg zu sehen. Es zeigte sich also, dass ‘unangenehme’ Persönlichkeitstypen  – ugs. Idioten oder auch ‘Ärsche’ – viel sensibler auf jegliche Abweichung von der Norm oder Konvention reagierten als umgängliche und sozial aktive Menschen.

Die Studie ist zwar exemplarisch, ihr Zweck jedoch geht aufgrund der geringen Teilnehmerzahl nicht darüber hinaus. Um herauszufinden ob es sich bei den Deutsch-Nörglern wirklich um Idioten handelt bedarf es noch einiger eingängiger Tests und weiterer Forschung.

Jedoch sind wir uns sicher alle in einem einig: auch ohne umfassenden Studien sind Leser, die an der Rechtschreibung nörgeln und sich an kleinsten Tippfehlern aufhängen keine angenehmen Zeitgenossen und kommen auch ganz ohne diverse Forschungsergebnisse arrogant und oberflächlich rüber. Sicher schleicht sich bei jedem mal hier und da ein Rechtschreib- oder Tippfehler ein, denn genau das macht uns zu Menschen: das nicht perfekt-sein.